Depression bei Kindern und Jugendlichen
Der Begriff „Depression“ wird oft gebraucht, um Schwankungen des Befindens zu beschreiben. Eine Depression im medizinischen Sinn geht über eine vorübergehende Phase eines Stimmungstiefs hinaus und ist eine medizinisch-therapeutisch behandlungsbedürftige Erkrankung, die sowohl das Denken, Fühlen, Handeln und die Körperfunktionen beeinträchtigen kann. Die körperlichen Symptome einer Depression können mitunter im Vordergrund stehen. Jeder 5. Mensch erkrankt einmal im Leben an einer Depression. Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer.
Eine Depression kann bestehen, wenn über zwei Wochen oder länger mindestens zwei der drei Hauptsymptome und zusätzlich mindestens zwei Nebensymptome vorliegen. Man unterscheidet je nach Ausprägung und Anzahl der Symptome eine leichte, mittelgradige oder schwere Depression (depressive Episode).
Depressionen äußern sich sehr unterschiedlich, so dass nicht immer alle Symptome vorliegen. Wegen der vielfältigen Erscheinungsformen spricht man auch von einem depressiven Spektrum.
Die Hauptsymptome einer Depression sind gedrückte Stimmung (emotionale Leere, Unfähigkeit eigene Gefühle wahrzunehmen, sich wie versteinert fühlen, …), Interessen- oder Freudlosigkeit (Verlust an Interessen, Aktivitäten, Beruf/Schule, Freunde, …) und Antriebsmangel oder gesteigerte Ermüdbarkeit (Antriebsprobleme, Aktivitätsverlust, Kraftlosigkeit).
Zusatzsymptome einer Depression können sein eine Verminderung von Konzentration und Aufmerksamkeit (Bezug zur Umwelt erschwert), Verminderung des Selbstwertgefühls und Selbstvertrauens (Unzufriedenheit mit sich selbst), Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit, negatives, pessimistisches Denken (ausweglose Situation) oder Suizidgedanken oder -handlungen. Auch Schlafstörungen (Einschlafstörungen, frühes Erwachen, nicht erholsamer Schlaf) sowie Appetitminderung (ggf. auch Gewichtsverlust) gehören dazu.
Depressionen bei Kindern und Jugendlichen gehören in unterschiedlicher Ausprägung von leichten Verstimmungen bis zu schweren depressiven Störungen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Depressionen können, wenn auch seltener, durchaus schon im Vorschul- und Grundschulalter vorkommen. Nicht selten tritt eine Depression bei Kindern auch gemeinsam mit anderen psychischen Erkrankungen auf (z. B. Angststörungen, somatoforme Störungen und ADHS/ADS), was dann auch die Diagnose erschweren kann. So können Konzentrationsprobleme durchaus auch Symptome einer Depression sein und treten nicht nur bei ADHS auf.
Da manche Symptome je nach Alter schwierig von entwicklungstypischen Erscheinungen zu differenzieren sind, sind für die Diagnose einer Depression im Kindes- und Jugendalter fundierte entwicklungspsychologische Kenntnisse Voraussetzung.
Eine Depression kann vielfältige Ursachen haben. Zum einen können psychosoziale Bedingungen wie Traumatisierungen, Missbrauchserfahrungen, ungünstige Lebenserfahrungen, Verlusterfahrungen oder Überlastungssituationen das Risiko deutlich erhöhen, an einer Depression zu erkranken.
Andererseits können Depressionen aber auch völlig unabhängig von solchen äußeren Belastungen auftreten. Bei Depressionen ist von einer deutlichen genetischen Disposition (Veranlagung) auszugehen. Es bestehen dabei neurobiologische Veränderungen, die sowohl auf funktioneller als auch auf struktureller Ebene nachweisbar sind. Auf der Ebene des Hirnstoffwechsels ist eine Dysbalance der Neurotransmitter (Botenstoffe) an der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Depression beteiligt.
Die Grundlage der Behandlung einer Depression ist immer eine umfassende Aufklärung von Patienten und Angehörigen (Psychoedukation). Die wesentlichen Bausteine der Behandlung einer Depression sind die Psychotherapie, die medikamentöse Therapie, sowie ergänzende und flankierende therapeutische Angebote zur Verbesserung der Lebensqualität und Alltagsbewältigung.
Diagnostik und Behandlung sind orientiert an den wissenschaftlichen Leitlinien zur Depression. Die Voraussetzung für eine effiziente und erfolgreiche medikamentöse Therapie einer Depression ist die Integration in ein multimodales Behandlungskonzept. Die Wahl des geeigneten Antidepressivums erfordert dabei eine differenzierte Einschätzung der individuellen Symptomatik und Begleitumstände (so auch die Berücksichtigung von evtl. gleichzeitig mit der Depression bestehenden Erkrankungen).
Zur psychotherapeutischen Behandlung einer Depression hat sich die Verhaltenstherapie bewährt, aber auch tiefenpsychologische Verfahren kommen zum Einsatz. Gruppentherapeutische Ansätze zur Förderung der sozialen Kompetenz und Selbstwirksamkeit können bei der Behandlung der Depression sinnvoll sein. In den letzten Jahren haben körperbezogene Therapieansätze (Bewegungstherapie) und weitere Verfahren (z. B. Lichttherapie) bei Depressionen deutlich an Bedeutung gewonnen.